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Gut kann ich mich an Unternehmen erinnern, in denen ich als erster Mitarbeiter explizit für den Einkauf verantwortlich war. Vorher wurde diese Funktion vom Chef oder auch dem Sekretariat „nebenbei erledigt“.

Schnell waren notdürftige Werkzeuge aufgebaut, die zumindest die Bedarfe und Reichweiten aufzeigten – Excel war dabei ebenso unverzichtbar, wie die fast tägliche manuelle Pflege der Daten.

Moment, ich spreche etwa vom Jahr 2000, nicht etwa von der Antike…
Bereits 1910 hat Carl Redtmann in seinem Artikel „Das moderne Einkaufsbureau im Fabrikbetriebe“ beschrieben, wie ein Einkauf im Unternehmen unverzichtbar zu dem Erfolg beitragen kann … und muss.
Es hat lange gedauert, bis begonnen wurde, auch den Einkauf als „wichtige“ Funktion im Unternehmen zu sehen und zu akzeptieren – macht doch das spezielle Fachwissen von Produktentwicklung und Produktion die eigentliche Bedeutung und Wichtigkeit des Unternehmens aus, nicht das simple Einkaufen, was ja sowieso jeder privat tut und kann.
Noch heute ist die Bedeutung des Einkaufs nicht allen Unternehmen, Managern und Abteilungen bewusst.
Der Einkauf ist vielerorts eine Unbequemlichkeit, durch die nur alles verzögert wird, aber kein Wert geschaffen wird. So viel einfacher ist es, wenn zum Beispiel die Tecknik direkt beim Händler des Vertrauens anruft und wie schon seit Jahrzehnten einfach das Ersatzteil telefonisch bestellt.
Heute existieren viele der, meist kleinen, Unternehmen nicht mehr, eben weil sie die Wichtigkeit des Einkaufs unterschätzt haben.
Die vergangenen Jahrzehnte sind geprägt von schrumpfenden Margen und damit Gewinnen. Diese Entwicklung wurde besonders in der Automotive-Industrie sehr deutlich, als das Auto ein Gut für die breite Masse wurde und dafür die Preise reduziert werden mussten. Jedes Auto, das zu teuer für eine Bevölkerungsgruppe war, konnte ein Mitbewerber verkaufen, der den preislichen Marktanforderungen näher kam. Dies bedeutete den Verlust von Marktanteilen und natürlich Gewinnen.
Die einzige funktionierende Reaktion auf sinkende Verkaufspreise und Gewinne konnte nur die Reduktion der Kosten sein.
Und hier kam nun der Einkauf ins Spiel und erfährt seit etwa 3 Jahrzehnten eine rasante Entwicklung.
Der 1-Personen-Einkauf, der eher beschaffenden Charakter hatte, wurde nun zu einer mächtigen Organisation, die einerseits diese Aufgaben aus den anderen Abteilungen übernimmt und damit einen wichtigen Dienstleister innerhalb des Unternehmens darstellt. Andererseits vereint er das notwendige Wissen und die Erfahrungen, die es ihm ermöglichen mit den Lieferanten und Dienstleistern qualifiziert verhandeln zu können.
Diese Erfahrungs- und Wissensvielfalt machte es notwendig, Fachgebiete des Einkaufs zu definieren und die Personen im Einkauf auf Fachthemen zu qualifizieren. So gibt es heute den dispositiven,  operativen und strategischen Einkauf. Auch die Art der Beschaffungsgüter haben häufig eine fachliche Aufteilung zur Folge, wie den direkten und indirekten Einkauf, aber auch den Einkauf von C-Teilen bis zu den Investitionsgütern.
Die Vielfalt der zu beschaffenden Materialien sowie die Größe und Internationalität der Unternehmen(-sgruppen) hat zudem für globale Einkaufs-Verantwortlichkeiten für verschiedene Materialkategorien gesorgt, um das Fachwissen aber auch Einkaufsvolumina mehrerer Standorte zu bündeln und damit die Verhandlungsmacht gegenüber den Lieferanten zu erhöhen. Damit wurde die strategische Seite des Einkaufs weiter ausgebaut. Der strategische Einkauf wurde so zu einer der wichtigsten Organisationseinheiten um die Unternehmensstrategien und -ziele zu unterstützen.
Hingegen änderte sich die operative Komponente. Die Beschaffung aber auch die Disposition sind heute nicht mehr zwingend Kernkompetenzen des Einkaufs. Beide Funktionen sind häufig verschoben in die Supply Chain, in der die Produktion geplant und damit die Bedarfe erkannt werden. Da die Rahmenbedingungen durch den (strategischen) Einkauf definiert wurden, kann die operative Beschaffung mehr oder weniger automatisiert aus der Supply Chain heraus erfolgen.
In den vergangenen wenigen Jahren hat sich der Einkauf also stark gewandelt und kann zu den wichtigsten Funktionen im Unternehmen zählen, wenn dies zugelassen wird. Von der Sicherstellung der Produktionsvoraussetzungen bis hin zur Kostenreduktion oder zumindest -stabilität. Von der Beratung der Verantwortlichen für Kundenangebote bis zur Beteiligung an Neuentwicklungen. Überall kann der Einkauf einen relevanten Beitrag leisten.
Wenn …  ja, wenn …

Denn leider sieht es in der realen Welt anders aus. Und damit und mit möglichen Lösungsansätzen befasst sich dieses Blog.

 

Viel Spaß beim Lesen.
Ihr/Euer B. Schwarz